Organismendemokratie
Stadt der Lebewesen
Die Geschichte Berlins erzählt von Pflanzen, Tieren, Pilzen und Mikroorganismen
Berlin gilt als grüne Metropole voller Biodiversität. Doch die Stadtgeschichte bleibt unvollständig, wenn sie ausschließlich aus menschlicher Perspektive erzählt wird. Das Projekt Stadt der Lebewesen schreibt die Geschichte Berlins neu – mit den Stimmen von 36 Lebewesen: Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen, die die Stadt geprägt haben und weiterhin prägen.
In einer Reihe von Audio-Porträts, erzählt in der ersten Person („Ich als Mücke …“, „Wir als Fledermäuse …“), teilen die Lebewesen ihre eigenen Biografien, verwoben mit Schlüsselmomenten der Berliner Stadt-, Politik- und Kulturgeschichte. Der Auerochse erinnert an die rassistischen und industriellen Projekte des Nationalsozialismus; die Deutsche Wespe verknüpft das kollektive Leben der Gegenwart mit dem Erbe der DDR; der Schlafmohn erzählt von kolonialen Verflechtungen, Erinnerung und Widerstand; der Götterbaum berichtet von Migration, Globalisierung und den Kämpfen städtischer Natur; die Zebramuschel spiegelt sowohl ökologische Krisen als auch neue Formen des Zusammenlebens; und die Wechselkröte organisiert ihren Protest gegen die Ausbeutung von Lebensräumen. Gemeinsam machen diese Geschichten deutlich, wie untrennbar menschliches und nicht-menschliches Leben in der Stadtentwicklung verbunden sind.
Gefördert im Projektfonds Zeitgeschichte und Erinnerungskultur Berlin
Stadtgeschichte der Lebewesen: MÄUSEBUNKER BERLIN
Ein Konzept von Club Real/ Organismendemokratie e.V., präsentiert im Rahmen des Festivals für Urbanes Wohlergehen rund um den Mäusebunker
Aus dem ehemaligen zentralen Tierlaboratorium „Mäusebunker“ soll etwas Neues entstehen aber niemand weiß wie. Die Geschichte der Erforschung der „Natur“ durch den Homo nix sapiens hat hier eine mächtige Betonausbuchtung hinterlassen, ein denkmalgeschütztes, unbewegliches und – jedenfalls in naher Zukunft – unbenutzbares Schlachtschiff der invasiven Forschung an anderen Lebewesen.
Der Mäusebunker ist nichts an das unmittelbar angeknüpft werden könnte, ein gigantisches Geröhre des Anthropozäns, das pompös in die Berliner Landschaft sticht. Moment, sieht dieses Gebäude nicht so aus als wäre es schon als versteinerter Knochen gebaut worden, als Grabstein für eine archaische Angriffs- und Verteidigungshaltung zur Welt? Erinnert es Euch auch an die überwachsenen Giganten einer untergegangenen Welt in den Filmen Hayao Miyazakis?
Und genau hier kommt die Organismendemokratie als Vision einer zukünftigen demokratischen Multispeziesgesellschaft ins Spiel: auf den Ruinen der brutalistischen Moderne wachsen die Flechten und Moose der Zukunft und sprechen die Knoppergallwespen und Borstenhirsen der Begegnung unter Gleichen. Und wenn wir genau hinhören vernehmen wir auch die Stimmen der im Bunker verbrauchten Leben der Modellorganismen Zebrafisch, Schwein, Ratte, Hund und Fadenwurm: was haben sie zu sagen über den traurigen Weg der hinter uns liegt und der hier – zumindest visuell – ein beeindruckendes Grab gefunden hat.
Eine Multispiezies- Audioinstallation mit den Stimmen der Vertretungen von Ratte, Zebrafisch, Knoppergallwespe, Mauerflechte, Hund, Fadenwurm, Schwein, Mensch und Borstenhirse